Unit F Modeförderung fragwürdig

KONTROLLAMT DER STADT WIEN:  Unit F büro für mode, Prüfung der Gebarung in den Jahren 2009 bis 2011, erschienen im Oktober 2013, Cover

Nun haben wir es also Schwarz auf Weiss. Unit F ist als Förderplattform für Mode letztendlich gescheitert. Was für Viele innerhalb der österreichischen Modeszene nicht wirklich überraschend kommt, bestätigt nun das Kontrollamt der Stadt Wien, das die Gebarung des Vereins Unit F büro für mode in den drei Jahren 2009-2011 untersucht hat.

Was war

Im Jahr 2000 von Andreas Bergbaur, Andreas Oberkanins und Ulrike Tschabitzer-Handler gegründet, war die gemeinnützige Organisation als Drehscheibe für die Abwicklung der öffentlichen Förderung zeitgenössischer österreichischer Mode mit internationalem Potential gedacht. Seit Bergbaurs Weggang 2005 besteht der Verein einzig aus den beiden Vorständen Oberkanins/Tschabitzer-Handler.

4,085.000 Euro aus Steuergeldern des Bundes sowie der Stadt Wien flossen laut den im Bericht des Kontrollamtes genannten Vereinsaufzeichnungen in den Jahren 2000 bis Ende 2012 an Unit F. Doch wieviel davon ist bei den Modeschaffenden angekommen?

Das Verhältnis der weitergegebenen Förderungen zu den vom Verein Unit F erhaltenen Subventionen betrug im Jahr 2009 38,1 %, im Jahr 2010 29,8 % und im Jahr 2011
40,1 %. Es zeigte sich somit, dass deutlich weniger als die Hälfte der erhaltenen Subventionsmittel direkt den Modeschaffenden zufloss.

Und weiter

Der Anteil der weitergegebenen Förderungen an den Gesamtaufwendungen des Vereines Unit F betrug im Jahr 2009 14,3 %, im Jahr 2010 18,3 % und im Jahr 2011 33,1 %.

Das Ansteigen der Prozentwerte im Jahr 2011 war nicht durch eine Steigerung der vergebenden Direktförderungen, sondern durch die weitgehend gleichgebliebenen weitergegebenen Förderungen bei gesunkenen Gesamtaufwendungen infolge der Auslagerung des Festivals erklärbar.

Vereinsmeierei und vielerlei Naheverhältnisse

Der betriebliche Teil des jährlichen festival for fashion and photography mit dem auch andere Einnahmequellen wie Sponsoring oder privatwirtschaftliche Aufträge erschlossen werden konnten, wurde 2011 aus dem Verein ausgegliedert, aus steuerpolitischen Gründen wie es im Bericht heisst.

Das Festival wickelten Oberkanins/Tschabitzer-Handler nun in bewährter Aufstellung als Managing Director und Kreativdirektorin – im Vereins-Sprech nennt sich das „Kassier“ und „Obmann“ – im eigens dafür neu gegründeten Verein festival for fashion & photography, Verein zur Förderung zeitgenössischer Mode (ZVR-Zahl 692584241) ab.

Bereits seit 2010 existierte laut Bericht des Kontrollamtes auch eine OG, die

in weiterer Folge neben anderen Miteigentümerinnen bzw. Miteigentümern auch im Miteigentum des Geschäftsführers und der Kreativdirektorin stand.

Gemeint ist hier wohl die Brand-Unit OG von Albert Handler, der im Impressum mehrerer Unit F-Publikationen in leitenden Rollen genannt wird und mit Tschabitzer-Handler verheiratet ist.

So weit so gut, man kann ja schließlich in verschiedenen Unternehmen oder Vereinen im Vorstand oder beteiligt sein. Wären da nicht jede Menge sogenannter Sphärenvermischungen und In-Sich-Geschäfte, worauf etwa die identische Anschrift aller drei Organisationen, und zwar auf Basis rein mündlicher Absprachen deuten. Oder auch wechselseitige Darlehen, Kostenübernahmen, die unvollständig dokumentierte Weitergabe von Subventionsgeldern von einem zum anderen Verein, Kostenverrechnungen aufgrund von Schätzungen der Geschäftsführung, mündliche Verträge mit Unternehmen und Personen in einem persönlichen Naheverhältnis (ohne vorab die möglichen Kosten zu vergleichen) bis zur Überweisung von „signifikanten Beträgen (…) ohne erkennbare Gegenleistung“.

Kontrollverlust

72 Seiten hat der Bericht, und wir sind damit gerade mal bei der Hälfte angelangt. Es folgen wahre Gustostückerln, von denen die meisten ja in den Medien schon zu lesen waren. Der in Steyr gekaufte, nicht mehr auffindbare Staubsauger etwa, ein 799 Euro teurer Herren-„Dienst“-Anzug – nebst weiteren hochpreisigen Kleidungsstücken für Fundus und Fotostyling, das Privat-Training im Fitness-Studio oder die Tankrechnungen für ein ebenfalls privates Auto. Fahrtenbuch? Nope.

Was noch schwerer wiegt, ist aber die über die Jahre kultivierte Intransparenz und offenbar äusserst mangelhafte Dokumentation so ziemlich aller Vorgänge. Selbstverständlichkeiten wie das Vier-Augenprinzip bei Banktransaktionen oder die Sinnhaftigkeit einer Inventur? Nope. Einhaltung der eigenen Vereinsstatuten? Nope.

Das Kontrollamt musste somit zusammenfassend feststellen, dass die vorgelegten Unterlagen z.T. nur mäßig geeignet waren, den geforderten Nachweis der widmungsgemäßen Verwendung der Förderungsmittel vollständig zu erbringen. Vielmehr gewann das Kontrollamt im Zuge seiner Prüfung den Eindruck, dass dem Geschäftsführer und der Kreativdirektorin der gegenständlich erforderliche Fokus auf die Gebarung des Vereines Unit F u.a. durch die zahlreichen In-sich-Geschäfte und die fehlende klare Abgrenzung der Privatsphären zu den Vereinsbelangen verloren ging. Anlässlich der Schlussbesprechung ließ der Verein Unit F sein Bemühen erkennen, alle Zweifel an der Stichhaltigkeit der Gebarung durch die z.T. fehlenden und vor allem fehlenden zeitnahen Dokumentationen auszuräumen.

Wir werden sehen. Oder auch nicht. Zwölf, bald dreizehn Jahre Unit F ist eine lange Zeit.

Nur 27 Prozent

Unit F Direktförderungen 2000-2012 ohne Resmann-, BMUKK- und Wirtschaftskammer-Preise. Quelle: www.unit-f.at Förderdatenbank, Stand: 14.10.2013

Ich habe mir die online verfügbare Förderdatenbank ein wenig genauer angesehen. Von den 4,085.000 Euro Subvention (2000-2012) ging im gleichen Zeitraum nicht einmal ein Drittel an insgesamt rund 80 Modelabels sondern bloß 1,107.589 Euro. Das ist die Summe jener Beträge, die mit „Fördergeber Unit F“ bezeichnet werden. Resmann Female Style Award, Modepreis des BMUKK sowie den Produktionspreis der Wirtschaftskammer habe ich dabei herausgerechnet, da diese Gelder meines Wissens nach nicht in den Subventionsmitteln inkludiert waren.

Und die Modelabels?

Vorausgesetzt also, dass die von Unit F online zur Verfügung gestellten Daten aktuell sind und meine obige Annahme stimmt, gingen nur 27 Prozent der Fördergelder im Gesamtzeitraum 2000-2012 direkt an die Designer und Designerinnen. Etliche reichten erst gar nicht oder jedenfalls nicht bei Unit F ein. Dem Kontrollverlust folgt der Vertrauensverlust.

Der neue Helmut Lang, auf den einige noch immer so sehnsüchtig hoffen, auf dass er uns aus der Modeprovinz erlöse, hat sich so jedenfalls nicht entwickeln können. Einzig Peter Pilotto – immerhin unter den Top-Fünf der Fördernehmer – macht sich in der Liste auch international ausgezeichnet. Er hätte es auch ohne geschafft.

Andere haben andere Karrierewege eingeschlagen oder sind mit ihren Einzel- und Mikrounternehmen glücklich. Daran gibt es gar nichts auszusetzen. Wir sind ein kleines Land mit einem kleinen Markt und kaum Modeindustrie. Da hat sich nunmal nichts geändert. Wie auch.

Nur: Worin genau besteht bitte die Leistung, für die erkleckliche 73 Prozent der Mittel aufgewendet wurden?

Was kommt

Unit F vermeldete Ende vergangenen Jahres, sich nach dem Auslaufen der bewilligten Subventionen ab 2014 nicht mehr neu zu bewerben. Stadt Wien und BMUKK haben die Nachfolge bei nahezu gleichbleibendem Budget und unveränderten Rahmenbedingungen ausgeschrieben und auch bereits entschieden.

Das festival für fashion and photography findet heuer von 19. bis 22. November im MAK statt und wird damit zum achten Mal von Oberkanins/Tschabitzer-Handler veranstaltet. Die Vergabe der Unit F Projektförderungen 2013 wurde bislang nicht publiziert.

Mehrere Grundsatzfragen

Für mich stellt sich hier die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer solchen Förderung überhaupt. Natürlich müssen diejenigen, die sich um das kümmern, womit die Politik offenbar eher wenig zu tun haben will, für ihren Job auch vergütet werden. Und natürlich entstehen wie bei jedem anderen Unternehmen auch laufende Kosten.

Jetzt mal ehrlich: Was kann – realistisch betrachtet – bei einem bescheidenen Gesamtbudget von rund 300.000 Euro (165.000 BMUKK, 146.000 Stadt Wien) im Jahr an Direktförderung übrig bleiben, wenn man möchte, dass hoch qualifizierte und engagierte Teams damit arbeiten? Wieviel Prozent werden in Zukunft ohne Selbstausbeutung funktionieren können? Wäre es nicht klüger, die Vergabe wesentlich einfacher zu gestalten und Teile der Abwicklung wieder inhouse zu verlagern? Und brauchen wir diese Art der Förderung überhaupt?

Alle Zitate aus: Bericht des Kontrollamtes der Stadt Wien

Weitere Medienberichte zum Thema gibt es hier, hier, hier oder hier.

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