Mein wunderbarer Waschsalon

Also, jetzt kennen wir einander seit fast zwei Monaten. Und am Samstag brachte mir dieses unglaubliche Exemplar seine Wäsche! (Ja, ja, er hat keinen Kühlschrank – hat er doch, aber der ist dauernd ausgesteckt – und keine Waschmaschine.) Die vorerst noch schüchterne Anfrage, ob er bei mir ein paar Unterhosen waschen darf, habe ich selbstverständlich und blauäugiger weise mit Ja gerne! beantwortet. Er kam mit einem Rucksack voll, besser gesagt, der gesamten Wäsche seit Jahresbeginn! Ich wusste gar nicht, dass es Männer gibt, die so viele Unterhosen und Socken besitzen. (Immerhin weiss ich jetzt, dass er Boss, D&G und nicht zuletzt Bruno Banani als Unterhosenfabrizierer schätzt!)

So wurden es zwei Maschinen und die letztere durfte ich schon allein erledigen… Dieser Mann hat mir allerdings die zusätzliche Hausarbeit mit Charme verkauft: Es sei ja auch ein Vertrauensbeweis, mir die Wäsche zu überlassen. Da musste ich das zweite Mal schlucken! Sicher, ich bin schon sehr interessiert an seiner Unterwäsche, aber sie zu waschen, war ziemlich das Letzte, was ich mir erträumt hatte. Also, was ist eigentlich los mit mir?

Aufgewachsen mit und erzogen von quasi zwei Müttern ohne jegliche väterliche Autoritätsperson denke ich doch, dass ich einige Markpfeiler des Feminismus mit der Muttermilch mitbekommen habe. Trotzdem tappe ich immer wieder in diese chauvinistischen Fallen. Ich bekoche den Mann meiner Träume, wasche seine Wäsche und versuche auch in anderen Belangen gefällig zu sein… Da drängt sich die leidige Frage auf: Ist mir das Hirn in die Hose gerutscht? In der letzten, längeren Beziehung ist es bis zur Geburt unseres Sohnes gelungen, dem Partner zumindest annähernd die Hälfte der Hausarbeit zuzuschieben. Einkaufen, Wäsche und Kochen blieb sowieso sehr schnell an mir hängen. Doch als dann die Karenzzeit begann, war es klar: Die Mutter bleibt zuhause, verzichtet auf die Karriere und widmet sich gefälligst der Hausarbeit.

Naja, ich will nicht zu laut klagen, der Anzugträger bringt viel Wunderbares in mein Leben. Und selbst dieses eminente Verliebtheitsgefühl schafft es nicht, sämtliche Warnsignale ausser Kraft setzen: Der Traum von Gleichberechtigung ist für mich noch lange nicht ausgeträumt! Vielleicht darf er ja demnächst meine Wäsche besorgen…

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