Seit 9 Jahren habe ich mir keinen GĂŒrtel gekauft. Der letzte war ein einfacher Textil-Gurt im Army-Stil von H&M, und er ist immer noch ganz ok. Aber dieses Mal wollte ich Luxus.
Ich marschierte also schnurstracks zu Hermes in Wien am Graben (Franchisenehmer Jonak). Im 1. Stock in der Damenecke – wie klein das GeschĂ€ft eigentlich ist! – konnte ich mich nicht sofort fĂŒr eine Farbe entscheiden. Um die Sache zu beschleunigen fĂŒhlte sich „meine“ VerkĂ€uferin bemĂŒĂigt, mir mit strenger Miene nahe zu bringen, mit welchem Modell die Sammlerin zu beginnen hat. Nun, ich will ja nicht sammeln, sondern benutzen, und das macht die Sache nicht einfacher.
GlĂŒcklicherweise sind jedoch alle Hermes GĂŒrtel reversibel mit einer 2. Seite in Schwarz gearbeitet – fast. AuĂer der schlammfarbenen Variante, die ich zum Entsetzen der guten Frau völlig abseits der „vorgeschriebenen“ Reihenfolge in genaueren Augenschein nahm. Hier ist die Wendeseite nĂ€mlich blau, oder war’s rot? Damit fiel diese Version jedenfalls fĂŒr mich flach, denn Schwarz muss auf jeden Fall sein.
Also versuche ich es doch mit dem klassischen AnfĂ€ngermodell im hellen Braunton (Innenseite schwarz), das allerdings meine HĂŒften durch den starken Kontrast ungĂŒnstig betont. Nachdem sich meine Verkaufsberaterin vom blanken Entsetzen darĂŒber, dass ich kein WeiĂ trage – denn da hĂ€tte er ihrer Meinung nach doch wunderbar dazugepasst – erholt hat, darf ich den schokobraunen dann sogar noch mit 2 verschiedenen Schnallen testen und bekomme noch eine gratis Einschulung im Schnallenwenden. Die Farbe ist gut, und ich entscheide mich fĂŒr die gebĂŒrstete, silberfarbene SchlieĂe.
Wir stellen fest, dass ein zusĂ€tzliches Loch fĂŒr den Einsatz bei nicht ganz so hĂŒftig geschnittenen Jeans durchaus Sinn macht. Das könne auch gleich an Ort und Stelle erledigt werden. Ich bin begeistert, denn ich vertraue darauf, dass in einem GeschĂ€ft, wo Hermes draufsteht auch Hermes drin ist, und zwar bis zum Loch-Stanzen. In heiterer Vorfreude zahle ich also im ErdgeschoĂ, derweilen mein GĂŒrtel irgendwo im Hintergrund bearbeitet wird. Eine blutjunge Kollegin ĂŒberreicht mir das bereits fix und fertig verschnĂŒrte, entzĂŒckende SchĂ€chtelchen. Das geht mir jetzt irgendwie zu schnell, und ich begehre, mir das neu gemachte Loch zu zeigen.
Der GĂŒrtel wird relativ selbstverstĂ€ndlich wieder ausgepackt, und jetzt kommt’s. Nicht nur ist man im Wiener Hermes Shop offensichtlich nicht in der Lage, FachkrĂ€fte auszubilden, sodass sie es schaffen, ein zusĂ€tzliches Loch in gerader Linie zu den bereits vorhandenen zu stanzen, also in der Mitte! Sondern das Loch ist auch noch kleiner als die anderen, originalen. Man ist nicht in der Lage, in einen original Hermes GĂŒrtel ein original Hermes Loch zu stanzen, und zwar aus dem simplen Grund, dass kein original Werkzeug vorhanden ist. Ich bin platt. Hermes gehört immerhin zu den Luxusmarken, die meinen, sich gegen FĂ€lschungen ordentlich wehren zu mĂŒssen.
SchlieĂlich – nicht ganz ohne Diskussion – erhielt ich einen neuen GĂŒrtel. Den hab ich dann wohlweislich ohne Zusatzloch genommen, denn schlechter kann es mein Stamm-Schuster auch nicht machen. Abgesehen davon ist der GĂŒrtel wirklich wunderschön, vor allem im Kontrast zum simplen Jeans-und-T-shirt-Outfit. Aber den nĂ€chsten kaufe ich mir bestimmt erst wieder in 9 Jahren. FrĂŒhestens.
9 Responses to Hermes auf wienerisch