Trachtenbuch des Matthäus Schwarz aus Augsburg, 1520 – 1560,
Bild: Ausstellung Bookmarks
Würde Matthäus Schwarz heute bloggen? Die Frage fällt mir ein, wenn ich mich an den ausgezeichneten Vortrag von Gabriele Mentges (Universität Dortmund) erinnere. Im Rahmen der Hetzendorf Gespräche X zum Thema Mode und Text sprach sie letzten Donnerstag über historische Beispiele der Modeberichterstattung seit der Renaissance bis hin zur heutigen Tagespresse.
Schwarz, seines Zeichens Hauptbuchhalter bei Jakob Fugger, lebte im 16. Jahrhundert und hielt in seinem Kleidungsbüchlein über Jahre hinweg quasi seine gesamte Garderobe fest. Dazu beschäftigte er natürlich damals Buchmaler, die ihn auf seinen Reisen begleiteten und seine Outfits illustrierten. Auch Datum, Ort und Anlaß wurden jeweils verzeichnet. Die Herstellung eines solch kostbaren Buchs war das Privileg wohlhabender und gebildeter Eliten. Massenmedien im heutigen Sinn gab es noch nicht.
Die Produktionsmittel haben sich seither oftmals verändert. Und heute braucht auch niemand mehr eine Druckerpresse oder eine Sendeanlage, um zu publizieren. Der grundlegende, durch die Digitalisierung ermöglichte Medienwandel hin zum User Generated Content stellt sämtliche bisherigen Leitmedien in Frage.
Exponat der Ausstellung „Textualität“, im Rahmen der
Hetzendorf Gespräche X, Bild: Tschilp.com
Was ich als auf der Hand liegende Kommunikations-Chance sowohl für kleine Modelabels als auch für den Journalismus sehe, nämlich digitale Vernetzung, Kollaboration, Dialoge auf verschiedensten Ebenen, ist in der Welt der Printmedien keine Selbstverständlichkeit. Das fiel mir anhand der Podiumsdiskussion rund um geschriebene Mode und Modesprache auf.
Da ging es um das Übliche wie werbetaugliche Zielgruppen, Platz im Zeitungslayout, inhaltliche Vorgaben der Verlage, das Für und Wider von reinen Fotostrecken und – angesprochen durch Gastgeberin und Direktorin Gerda Buxbaum – auch um die Thematisierung heimischen Modedesigns in der österreichischen Presse, für die man sich natürlich, aber bitte nicht zuviel, zuständig fühlt.
Dazwischen brilliantes Fachwissen von Ingeborg Harms (FAZ, Vogue, Architectural Digest und Vanity Fair, Berlin), aber auch viel flaches Fashionlabel-Namedropping. Blogs werden immerhin ähnlich wie Presseaussendungen für die Recherche genutzt, meinte Stephan Hilpold (Der Standard/Rondo, Wien).
Blick ins Publikum, Hetzendorf Gespräche X,
Bild: Tschilp.com
Da saß ich nun als Bloggerin mit gestandenen Journalistenegos wie Ingeborg Harms, Margit Kratky (Wienerin, Diva, Miss, Compliment, Wien), Stephan Hilpold, Nicole Adler (Kurier, Wien) am eckigen Tisch und versuchte die Aufmerksamkeit ein wenig auf zeitgemäße Kommunikationsformen wie eben Blogs – speziell die zahlreichen Spielarten von Fashionblogs -, aber auch Microblogging, Social Networks, Creative Commons, das Prinzip des Teilens (Sharing) und deren Verknüpfungen zu lenken.
Ich glaube, ein paar Denkanstöße sind mir auch gelungen. Gerda Buxbaum bezeichnete meinen Beitrag jedenfalls als Bereicherung, und darauf bin ich stolz.
5 Responses to Würde Matthäus Schwarz heute bloggen? Mode und Text in Hetzendorf.